SynCone - Konuskronen in der Implantologie
Dr. med. Dr. med. dent. Rainer Fangmann, M.Sc., ZTM Fabian Zinser, ZT Karsten Makowski
Veröffentlicht 01/2016 im PIP Magazin unter dem Titel
"Das Prinzip Konuskrone in der Implantologie"
Bei einer Konuskrone wird die Primärkrone nicht parallel, sondern zirkulär in einem definierten Winkel gefräst, wobei der mittlere Konuswinkel sechs Grad beträgt. Die Sekundärkrone besitzt innen einen identischen Winkel. In Verbindung mit einem 0,1 mm breiten, okklusalen Spalt zwischen Primärund Sekundärkronen soll dies – im Gegensatz zur Friktion der parallelwandigen Doppelkronen, die für eine definierte Abzugskraft von acht bis zehn Newton sorgen soll² – zu einer Klemmhaftung ¹ führen. Konuskronen bieten eine kraftschlüssige und spielfreie Verbindung. Die Konusverbindung ist in der prothetischen Zahnheilkunde ein Halteelement, bei dem die Sekundärkrone durch Flächenkontakt Retention auf der konischen Primärkrone findet. Wird diese Retention einmal überwunden, ist die Prothese beim Entfernen sofort frei. Da sowohl der Konuswinkel als auch der Anpressdruck die Haftwirkung bestimmen, wird man der Länge der klinischen Krone eine geringere Bedeutung beimessen müssen³. Dagegen weist eine parallelwandige Teleskopkrone über den gesamten Weg der Einschubrichtung eine Friktion auf. Für den Patienten ist das Einsetzen einer durch Konuskronen fixierten Prothese einfacher, da der untere Durchmesser der Sekundärkrone immer größer als der obere Durchmesser der Primärkrone ist.
In der Implantologie wird die industriell gefertigte SynCone-Konuskrone seit 2002 für das ANKYLOS-Implantatsystem angeboten. Das SynCone-System wurde von Dr. Dittmar May entwickelt, mit dem Ziel, die Sofortversorgung von Patienten zu erleichtern. Die ANKYLOS SynCone C/-Aufbauten gab es in der Anfangsphase in 4° und 6°. Die Anwendungserfahrung hat aber gezeigt, dass 5°-Aufbauten das beste Handling gewährleisten. Diese Aufbauten ermöglichen die schnelle und wirtschaftliche Versorgung des zahnlosen Unterkiefers mit einer sofortbelasteten Prothese auf vier präfabrizierten Konusaufbauten interforaminal. Die minimalinvasive Behandlung erlaubt die Eingliederung der Prothese noch während der Anästhesiephase. Im Rahmen der Spätversorgung dient ANKYLOS SynCone C/ 5° als präfabriziertes Halteelement für Prothesen im Unter- und Oberkiefer. Die Angulationen der Aufbauten erlauben dabei die bessere Parallelisierung. Inzwischen werden angulierte Aufbauten der Neigung 0°, 7,5°, 15°, 22,5° und 30° angeboten. Die intraorale Verklebung der Komponenten sorgt dabei für einen spannungsfreien Sitz (Passive Fit) der Prothese. Im Weiteren können insbesondere Patienten, die eine zahngetragene Teleskoparbeit besitzen, bei Pfeilerzahnverlust im Rahmen einer Sofort- oder Spätimplantation über das ANKYLOS SynCone-Konzept wirtschaftlich unter Erhalt des alten Zahnersatzes rehabilitiert werden.
Seit 2015 ist das SynCone-Konzept auch für ATLANTIS Abutments verfügbar. Hiermit werden die vorgegebenen Neigungen bei den industriell gefertigten Aufbauten aufgehoben, da bei individueller Herstellung der Aufbauten jegliche Aufbauneigung wählbar ist. Folglich können patientenindividuell die Neigungsgrade der SynCone-Aufbauten bestimmt werden. Seit der Verfügbarkeit der SynCone-Aufbauten als ATLANTIS Abutments ist auch die Bindung an das Implantatsystem ANKYLOS aufgehoben und somit lassen sich alle Implantatsysteme, die für die ATLANTIS Aufbauten erhältlich sind, mit dem individuellen SynCone-Aufbau, auch als ATLANTIS Conus-Abutments bezeichnet, versorgen.
Patientenfall 1 mit SynCone
Eine 72-jährige Patientin stellte sich mit einer teleskopierenden Arbeit vor, die seit über zehn Jahren bestand. Der Teleskop-Pfeilerzahn 33 (Abb. 1) war nach Wurzelkanalbehandlung (Abb.2) aufgrund einer rezidivierenden apikalen Ostitis entfernt worden (Abb. 3). Hauszahnärztlich war ein Heil- und Kostenplan mit dem Ziel erstellt worden, sämtliche Unterkieferzähne teleskopierend zu versorgen. Dieser Vorschlag war der Patientin zu invasiv und überstieg vor allem ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten als Rentnerin. Der Vorschlag, die bestehende Teleskoparbeit unter Insertion eines Implantates in regio 33 mit der Versorgung über das industriell gefertigte SynCone-Konuskronenprinzip zu erhalten, erschien der Patientin als eine einfache, gute und auch wirtschaftlich für sie realisierbare Alternative sinnvoll. Daraufhin wurde in regio 033 im Rahmen der Spätimplantation ein ANKYLOS C/X-A-Implantat (Durchmesser 3,5 und Länge 14 mm) inseriert (Abb. 4). Nach einer Einheilungsphase von zwei Monaten erfolgte die Implantatfreilegung. Bei der Implantatinsertion zeigte das Implantat einen Osstell-Messwert von 76 ISQ, bei Implantatfreilegung einen ISQ-Messwert von 82. Nach Überprüfung der Parallelität kam ein ANKYLOS SynCone C/ Aufbau 5° der Gingivahöhe 4,5 zur Anwendung. Dieser wurde mit 15 Ncm Drehmoment angezogen. Chairside wurde mit Unterstützung durch den Zahntechnikermeister vor Ort die ANKYLOS Degulor-Konuskappe SynCone 5° mit Retentionen eingearbeitet. Es erfolgten Nachkontrollen halbjährig. Bei der Zweijahres-Nachschau berichtete die Patientin unaufgefordert, dass sie mit der Rettung ihrer schon über zehn Jahren bestehenden Teleskoparbeit die richtige Entscheidung getroffen hatte und dass diese noch bestens in Funktion sei, wie diese selbst demonstrierte (Abb. 5-7).
Patientenfall 2 mit SynCone
In Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung wurde einem zahnlosen 81-jährigen Patienten (Abb. 8) mit geeigneter Indikation angeboten, das SynCone-Prinzip und die Anwendung des ATLANTIS Conus-Abutmentskonzepts kennenzulernen und damit den Fortbildungsteilnehmern Einblick in die direkte Anwendung zu ermöglichen (Abb. 9). Es erfolgte zunächst eine Duplierung der Unterkieferprothese als röntgenopake Bariumsulfatprothese. Nach der 3D-Planung (Abb. 10) und Herstellung einer gedruckten 3D-Schablone erfolgte der operative Eingriff in Lokalanästhesie unter intravenöser Single-Shot-Gabe des Antibiotikums Clindamycin 600 mg. Folgende Implantatsysteme kamen (von links nach rechts) zur Anwendung: Astra Tech EV (OsseoSpeed, Länge 13 mm, Ø 4,2 mm in regio 034), Straumann Bone Level (Länge 12 mm, Ø 4,1 mm in regio 32), Xive S (Länge 13 mm, Ø 4,5 mm in regio 42) und ANKYLOS C/X (C Länge 11 mm, Ø 5,5 mm regio 044). Die Bohrschablone wurde mit mehreren Osteosynthese-Schrauben auf ihrem Lager fixiert (Abb. 11). In typischer Art und Weise wurden die verschiedenen Implantate nach den Vorgaben ihrer Bohrprotokolle inseriert (Abb. 12-14).
Nach Wundverschluss und einer Einheilphase von drei Monaten erfolgte die chirurgische Implantatfreilegung. Nach Entfernung sämtlicher Verschlusskappen wurden die entsprechenden Gingiva- oder Sulkusformer eingebracht (Abb. 15, 16). Zuvor wurde die Abformung⁴ (Abb. 17) mit einem A-Silikon in mittlerer Konsistenz für die Doppelmischtechnik in Kartuschen durchgeführt. Die einzelnen Abformpfosten wurden hierbei mit Pattern Resin LS in typischer Art und Weise verblockt, wie es in der Implantologie vielfach empfohlen wird⁵. Im nächsten Schritt erfolgte noch eine Vestibulumplastik zur Verbreiterung der Zone der Attached Gingiva. Parallel wurde im zahntechnischen Labor ein Meistermodell mit Zahnfleischmaske erstellt. Dort wurden das Meistermodell als auch die bestehende Unterkieferprothese des Patienten digitalisiert. Die gematchten Daten wurden an das ATLANTIS-Fertigungszentrum versandt. Auf der webbasierten Plattform ATLANTIS WebOrder wurden die patientenspezifischen Daten angelegt und vier individuelle Abutments bestellt. Zudem wurden die Art der gewünschten Restauration und das Material für den vorliegenden Patientenfall bestimmt: ATLANTIS Conus-Abutment Overdenture 5 Grad und Titan. Wenige Tage nach dem Versand der Daten wurde ein Designvorschlag für die konischen Abutments zugestellt, der im 3DEditor begutachtet und bis zu einem gewissen Grad bearbeitet werden kann. In der Maske des 3D-Editors können die Länge der Conus-Abutments (Margin Height), die mesial-distale Achse (MD Angle) sowie die fazial-linguale Achse (FL Angle) geändert werden. Die virtuelle Konstruktion der Abutments kann am Monitor in vielen verschiedenen Ebenen und Ausrichtungen begutachtet werden. Von Vorteil ist unter anderem, dass das Behandlungsteam das Set-Up (hier: die gescannte und vorhandene Prothese) einblenden und somit die Abutments in Bezug auf die angestrebte prothetische Versorgung beurteilen kann. In diesem Fall waren keine Änderungen notwendig. Nach Freigabe der Konstruktion wurden die ATLANTIS Conus-Abutments in Titan umgesetzt⁶.
Die ATLANTIS Conus-Abutments, die zugleich als industriell gefräste Primärteile dienen sollten, sowie der zugehörige Einbringschlüssel wurden versandt. Die vier Conus-Abutments wurden unter Zuhilfenahme des Einbringschlüssels inseriert (Abb. 18). Es zeigte sich eine ausgezeichnete Parallelität. Danach wurden die Abutments implantatspezifisch (Astra Tech OsseoSpeed Abb. 14: Die vier verschiedenen Implantate in situ mit ihren jeweiligen Verschlusskappen. Abb. 15: Gingiva oder Sulkusformer. Abb. 16: Gingiva- oder Sulkusformer in situ. EV mit 25 Ncm, Straumann mit 35 Ncm, ANKYLOS mit 15 Ncm, Xive mit 24 Ncm) definitiv angezogen (Abb. 19). Abschließend erfolgte eine abschließende radiologische Kontrolle (Abb. 20). Die ANKYLOS Konuskappe Degulor für SynCone 5° wurden dem Patienten mitgegeben. Der überweisende Zahnarzt war in die Planung und Gestaltung der Endversorgung von Anfang an mit Abteilungsleieinbezogen. Seitens der Autoren wurde die Einpolymerisierung der Konuskappen (Abb. 20) in die vorhandene Prothese allein aus wirtschaftlichen Erwägungen angeraten.
Zusammenfassung
„Wird ein einfacher Lösungsweg für die implantatprothetische Versorgung zahnloser Kiefer gesucht [oder geht ein Pfeilerzahn einer bestehenden Teleskoparbeit verloren], kann seit 2015 mithilfe des beschriebenen Konzepts unabhängig vom Implantatsystem eine Lösung angeboten werden. Über ATLANTIS Conus-Abutments (Primärteile) und präfabrizierte Konuskappen (Sekundärteile) wird eine Deckprothese als (…) Alternative zu (…) kostenintensiven Teleskopversorgungen verankert. Die kraftschlüssige und spielfreie Verbindung zwischen Sekundärkappe und ATLANTIS Conus-Abutment bietet eine hohe mechanische Stabilität, sodass die Prothese als herausnehmbare Brücke gestaltet werden kann. Je nach Ansprüchen und Möglichkeiten des Patienten kann die Versorgung individuell charakterisiert oder als einfache Standardversorgung umgesetzt werden. Der große Vorteil ist, dass die ATLANTIS Conus-Abutments für alle marktüblichen Implantatsysteme, wie hier gezeigt, patientenindividuell gefertigt werden können. Auf vorgestelltem Weg kann eine gut funktionierende langzeitstabile Versorgung (…) angefertigt“⁷ werden. Eine genaue Kostenvorhersage wird durch die Verwendung der konfektionierten Bauteile besonders einfach. Insbesondere der Funktionserhalt durch Pfeilerverlust bei bestehenden Teleskoparbeiten kann einfach wiederhergestellt werden, indem die Pfeilerzähne durch Implantate mit ATLANTIS Conus-Abutments ersetzt werden. Die Conus-Abutments können in ihrer Einschubrichtung an den bereits vorhandenen Teleskopkronen individuell angepasst werden. Somit kann auch der Implantologe, der ansonsten kein Anwender des ANKYLOS-Systems ist, mit den ATLANTIS Conus-Abutments weiter „sein“ Implantatsystem verwenden und seinen Patienten die oben angeführten Wege aufzeigen und als Lösung anbieten.
1. Körber KH.: Konuskronen. Hüthig, Heidelberg. 1983.
2. Lehmann, Klaus M., Elmar Hellwig: Zahnärztliche Propädeutik. 10.Auflage. Urban
& Fischer bei Elsevier, 2005, ISBN 3-437-05391-4, S. 267.
3. Körber KH: Zahnärztliche Prothetik, Bd. II. Thieme. Stuttgart. 1975.
4. Gehrke P.: Die Implantatabformung: Reproduktion sucht Präzision.
www.zmk-aktuell.de. vom 12.10.2010.
5. Wolfahrt S.: Implantatprothetik: Ein patientenorientiertes Konzept. Quintessenz
Verlag. Berlin (2014). S. 228-229.
6. Gonzàlez J.: Einfach gelöst: Implantatprothetische Versorgung zahnloser Kiefer.
1.2015 Dentsply implants Magazin Deutschland. 1, 2005.
7. Gonzàlez J.: Einfach gelöst: Implantatprothetische Versorgung zahnloser Kiefer.
1.2015 Dentsply implants Magazin Deutschland. 1, 2005.